Kanutour 1996 auf der Loire
von Nevers nach Châtillon-sur-Loire
oder
Wie fange ich einen Omnipotenzfisch

Château Chambord
Château Chambord

Donnerstag

Um 4:45 Uhr rächt sich das frühe Zubettgehen gestern Abend. Ich bin wach! Macht nix, für solche Situationen habe ich ja schließlich einen PC. Letzte Woche bin ich mit meinen beiden Männern auf der Elbe gepaddelt. Also schreibe ich noch ein wenig an meinem Reisebericht von der Kanutour auf der Elbe weiter.

Wie der Rest meiner Familie so gegen 7 wach wird, bin ich schon wieder müde. Jetzt wird aber erst einmal geduscht und gefrühstückt, um die Lebensgeister richtig auf Touren zu bringen. Nach dem Frühstück nur noch kurz die Wohnung aufklaren und die restlichen Sachen im Auto verstauen.

Achim hat mich zu Reginas Geburtstag auf 10 Uhr Abfahrtszeit festgenagelt. 10 Uhr! Nicht etwa 9:59 Uhr und auch nicht 10:01 Uhr klingt es mir noch in den Ohren. Nein, 10 Uhr! Leichte Hektik macht sich breit und die Beine werden schneller. Der stete Blick auf die unerbittlich rasende Uhr beschert mir fast einen Treppensturz. Auf dem Parkplatz begegnet mir Achim, der auf dem Weg in die Laube ist, den vergessenen Reisebericht für seine Schwägerin Birgit zu holen!

So, um 9:50 Uhr sind wir fertig. Sascha kontrolliert noch mal die Wohnung und wir begrüßen unsere Freunde, die uns auf der Tour über die Loire dieses Jahr begleiten wollen. Mit Angelika, Ines und Paula warten wir dann alle startbereit in ihrer Wohnung auf Achims Rückkehr und so können wir pünktlich mit 20 Minuten Verspätung in den wohlverdienten Urlaub starten. Weit kommen wir aber erst einmal nicht, an der Kreuzung Rudower Straße Ecke Johannisthaler Chaussee hat uns die Alltagshektik in Form eines Auffahrunfalls wieder eingeholt. Nur die hintere Stoßstange vom Bus ist ein wenig lädiert. Aufgefahren ist ein Peugeot, der jetzt eine neue Frontschürze, einen Kühler und eine neue Motorhaube braucht! Hier stelle ich eigentlich zum ersten mal fest, wie solide so ein T3 doch gebaut ist. Eine Zivilstreife neben uns hat alles beobachtet.

Und ich dachte immer, nur wo Polizei drauf steht, ist auch wirklich Polizei drin. Die Jungs sind aber ganz nett und rufen eine Funkstreife. Nachdem die alles aufgenommen haben, nehmen wir einen zweiten Anlauf. Jetzt geht’s aber richtig los!

Bei schwachem Verkehr kommen wir gut voran und treffen abends in Bad Münstereifel/Rupperath ein. Der Empfang ist herzlich und wir sind froh, dass wir die erste Etappe hinter uns haben. Achim hat vom vielen Fahren offensichtlich noch nicht genug, er erklimmt sofort den Rasenmäher - sieht schon eher nach Trecker aus - und wir bringen die Kinder in Sicherheit. Danach entspannen wir uns beim herrlichen Abendessen und ein paar Bieren auf der Terrasse. Paula hat dagegen Stress mit dem Cockerspaniel.

Freitag

Gegen 8 Uhr früh werden wir wach und frühstücken zusammen, Birgit ist leider schon wieder in Richtung Köln verschwunden. Um 10:30 Uhr macht sich Aufbruchstimmung breit, Alexander sucht noch schnell seine Angelmaden zusammen und verabschiedet sich von seiner Familie. Achim verspricht uns den größten Fisch aus der Loire, ist sich aber nur nicht ganz sicher, ob es ein Hecht oder gar Omnipotenzfisch wird.

Unser Weg führt uns bei wenig Verkehr über Luxemburg, Metz und alle möglichen "Dörfer" nach Nevers, wo wir um 21:40 Uhr auf dem Campingplatz (N46°58.979' E003°09.717') eintreffen. Mit meinen beiden Männern bin ich vor zwei  Jahren 1994 auf der Loire von Digoin bis nach Nevers gepaddelt. Deshalb haben wir den Campingplatz neben der Brücke als Startpunkt für die nächste Tour ausgesucht. Nachdem wir die Zelte aufgebaut haben, wird das Abendbrot zubereitet - es gibt original Bayerische Weißwürste (leider nicht mit süßem Senf, dafür wenigstens mit Dosenbier). Danach erkunden Sascha und Ines noch ein wenig die Gegend. Kurz nach Mitternacht verschwinden wir dann müde in unseren Zelten.

Campingplatz in Nevers
Frühstück auf dem Campingplatz in Nevers

Samstag

Achim hat es sich in den Kopf gesetzt, heute frische Baguette zu besorgen. Da er auf dem Platz nicht fündig wird, läuft er über die Brücke in die Stadt. Nach dem Frühstück machen sich Achim, Ines, Alexander, Arian und ich auf den Weg zum Kanuverleih. Die Adresse hat Achim von einem Anschlag an der Rezeption des Campingplatzes. Hier leiht er sich eine Wildwasser taugliche "Schüssel" aus, wobei ihn das Gefühl beschleicht, dass der Verleiher bei der Gelegenheit kräftig abzockt. 1.800 FF, das sind etwa 600,- DM, plus 2.000 FF Kaution kostet der Spaß für 10 Tage. Ich erstehe für Sascha eine Schirmmütze - Marke Rip Curl - da er sein Basecap in Berlin vergessen hat.

Brücke von Nevers
Unsere Einsetzstelle an der Brücke von Nevers

Das Boot laden wir gleich an der Brücke in Nevers ab (N46°59.049' E003°09.359'), Alexander bleibt hier und achtet aufs Boot. Unter der Brücke ist die Loire mit Spundwänden verbaut, nur am rechten Ufer ist unter einem Bogen ein Durchlass, den wir zu Fahrtbeginn aber nicht gleich testen wollen. Die Loire führt zur Zeit ganz gutes Wasser, da das Wetter hier bisher auch noch nicht so heiß war. Danach holen wir mit den Fahrzeugen die restlichen Sachen, laden hinter der Brücke aus und stellen die Autos nach Absprache mit dem Platzwart wieder auf dem Campingplatz ab. Sascha mault, dass er seinen Dagger etwas voller laden muss. Ich sehe aber nicht ein, dass sein Deck frei bleibt und wir dafür höher stapeln. Wir sind ohnehin genug beladen und Arian braucht vorn im Clipper ja auch noch etwas Platz.

wo  ist der Fisch ?
Alex & Arian beim Angeln: Wo schwimmt bloß unser Abendbrot ?

Um 13 Uhr sind wir dann endlich startklar und legen ab. Ines und Alexander fahren die Leihschüssel und haben damit so ihre liebe Not. Schüsseln dreh'n halt auch schon mal auf der Stelle. Nach einer Stunde rasten wir auf einer schönen Sandbank weil die Ersten schon eine kleine Verschnaufpause und Gelegenheit zur Neuorientierung brauchen.

Das Wetter ist genau das, was man zum Paddeln braucht, leicht bewölkt, nicht zu heiß, nicht zu kalt und es weht ein leichter Wind.

Sascha schnappt sich meine Trinkflasche, reißt den Deckel ab und sagt: "Papa, deine Trinkflasche ist ja kaputt!" So ein Frechkerl! Wo rohe Kräfte sinnlos walten ...

Angelika und Achim sind von der Loire begeistert, nur Ines ist irgendwie geklatscht beim Anblick von so viel Natur. In der Schüssel wird jetzt die Mannschaft gewechselt, Alexander tauscht mit Angelika den Platz.

Eine Stunde später passieren wir den Zufluss der Allier und legen hier noch mal kurz an, da Angelika die Steuerposition einnehmen will. Dabei setzt sich Ines auf den Bootsrand und Angelikas Aufschrei hallt über den Fluss, leichte Panik macht sich breit. Irgendwie haut das aber mit der Steuertechnik noch nicht so richtig hin und Angelika legt einen längeren Fußmarsch ein. In der Loire alles kein Problem, sie ist ja meist flach genug und Wassertreten vom medizinischen Standpunkt her auch ganz gesund.

Wir kommen ...
Ines & Angelika mit der Leihschüssel auf Tour ...

Wir lassen uns derweil von der Strömung mitnehmen und harren der Angelika, die da angewatet kommt. Eigentlich hatte Ines den Dreh mit dem Paddeln schon halbwegs raus, jetzt kreiselt sie mit Angelika wieder auf dem Fluss umher. Arian schläft derweil den Schlaf der Gerechten. Sascha treibt etwas gelangweilt in seinem Kajak umher. Er ist total in Gedanken versunken. Hat ihn die Loire in ihren Bann geschlagen?

Gegen Nachmittag finden wir eine Stelle zum Zelten (N47°03.997' E003°01.131') gegenüber von Marseilles-lés-Aubigny, zwar ca. 100 Meter vom Ufer entfernt, aber mit genügend Platz für alle Zelte. Abends paddeln Angelika und Achim ans andere Ufer um zu telefonieren. Genau gegenüber steht an der Uferstraße eine Telefonzelle. Nach Einbruch der Dunkelheit wird in Marseille ein Feuerwerk abgebrannt, offensichtlich üben die schon für den morgigen Tag.

Sturm auf die Bastille 1789

Am französischen Nationalfeiertag werden wir früh morgens von Paula im Zelt besucht. Nach dem Aufstehen nehme ich ein Bad in der Loire. Danach wird in Ruhe gefrühstückt, es kommt keine Hektik auf, da wir hier heute stehen bleiben. Nach dem Frühstück geht Achim mit den Kindern zusammen angeln. Achim gibt nach etwa einer Stunde auf, heute will sein Omnipotenzfisch noch nicht beißen. Alexander und Arian zeigen die größere Ausdauer, es will und will aber trotzdem keiner anbeißen. Das einzige, was Alexander heute an den Haken kriegt, ist sein kleines Zelt. Nun ja, immerhin etwas.

Waschtag
... heute ist Waschtag !

Sascha wäscht sich derweil die Haare im Fluss, Achim badet bei der Gelegenheit mit und Arian und Alexander toben durchs seichte Wasser. Arian bereitet es viel Spaß die anderen nass zu spritzen. Nachmittags setzen wir mit der Leihschüssel ans andere Ufer über und schlendern durch den Ort. Auf dem Dorfplatz ist ein Boules-Wettbewerb in vollem Gange, wir schauen bei ein paar Bieren zu und Achim ersteht nach zähem Feilschen eine Flasche Wein. Den Wein probieren wir abends nach der Rückkehr, während die Kinder mit dem roten Leuchtstab spielen.

Montag

Um 7 Uhr bin ich heute schon hoch, raus aus dem Zelt und sofort Kaffee gekocht. Für Arians Fläschchen mache ich Milch warm, damit der kleine Kerl einen guten Start in den Tag hat. Von den anderen lässt sich zu so früher Zeit noch keiner blicken.

Marseilles-lés-Aubigny
Schleuse in Marseilles-lés-Aubigny

Punkt 8 Uhr kommt meine liebe Frau aus dem Zelt. Ich setzte mich in Saschas Kajak und paddele ans andere Ufer, um Baguette fürs Frühstück zu holen. Man kann es glauben oder auch nicht, aber Marseilles-lés-Aubigny ist offensichtlich der einzige Baguette-freie-Ort Frankreichs! Ich tröste mich mit zwei Grünen Gurken und ein paar Bananen. Achim mag es nicht glauben, er vermutet, dass man nur meinen breiten Berliner Slang nicht ganz verstanden hat.

Beim Zusammenpacken stellen wir fest, dass der Kescher von Alex verschwunden ist und auch nicht mehr am Strand liegt. Den haben wohl die Spaziergänger, die wir gestern Abend beobachteten, mitgenommen. Um 10:45 Uhr sind wir startklar.

Die folgende Flusslandschaft ist sehr reizvoll. Wir paddeln mittags bis La Charité-sur-Loire, wo sich die Loire teilt. Auf der Flussinsel liegt ein Campingplatz. Hier wählen wir den rechten Flussarm, wo sich ein Naturwehr unter der Brücke schon von weitem durch lautes Rauschen ankündigt. Etwa 200 Meter vor der Brücke legen wir am rechten Ufer an und erkunden die Stelle. Der dritte Bogen von rechts ist für Kanus gekennzeichnet. Hier strömen erhebliche Wassermassen durch, aber das Flussbett scheint unverblockt. Achims Holzboot schaffen wir doch besser mit dem Bootswagen auf die andere Seite. Es würde die Durchfahrt wahrscheinlich nicht überleben. Bei dieser Gelegenheit verknackst sich Ines den Fuß.

La Charité-sur-Loire
La Charité-sur-Loire

Ich beschließe mit Sascha das Wehr unter der Brücke zu fahren, leichtere meinen Clipper aber etwas, da ich nicht mit allem Gepäck fahren will. Die Zarges-Boxen tragen wir also bis hinter die Brücke. Kritisch ist nur der böige Wind, der von halb rechts einfällt. Sascha fährt vor und ich hinterher. Unter der Brücke sehe ich die beiden Podeste am linken und rechten Brückenpfeiler, auf die man möglichst nicht auffahren sollte, weil das unweigerlich zum Sturz führen würde. Der Clipper bleibt aber gut in der Spur, erst nach der Brücke erwischt mich eine Bö und drückt das Boot aus der Spur. Dadurch kann ich nicht mehr den Idealkurs halten und gerate auf eine Untiefe. Hier hole ich ein paar kleinere Schrammen für den Clipper ab. Für Sascha ist es im Dagger absolut keine Hürde. Nach dem Anlanden laufe ich zurück und fahre mit der Leihschüssel ein zweites Mal durch. Ich muss leider alleine fahren, da selbst Sascha nicht mit will.

La Charité-sur-Loire
La Charité-sur-Loire

Danach setzen wir zum Campingplatz auf der anderen Seite hinüber und stärken uns in der Pizzeria mit ein paar Gerstenkaltschalen. Hier beschaffen wir auch frisches Trinkwasser und entsorgen den Müll, während Regina, Angelika und Sascha im Ort einkaufen gehen. Arian und Alex verspielen derweil unser Geld in der Spielhalle auf dem Campingplatz.

Als wir wieder komplett sind, geht’s gegen 18 Uhr auf Platzsuche. Wir werden auch bald fündig und entdecken einen sehr schönen Stellplatz (N47°12.982' E002°59.067') mit herrlichem Blick über die Loire. Es ist schon spät und alle haben mächtig Hunger. Sascha muss ich mit Gewalt von den Futterkisten fernhalten. Wir bauen die Zelte auf, derweil Regina sich schon um das Essen kümmert. Sie hat für uns Koteletts eingekauft, die sie schnell in der Pfanne brät. Sascha kümmert sich derweil um seine Spezialdisziplin, die Zeltinneneinrichtung.

Lagerplatz am Ufer der Loire
Lagerplatz am Ufer der Loire

Den ganzen Tag über hatten wir Sonnenschein, nur ab und zu schob sich eine Wolke davor. Aber es blies uns auch meist ein kräftiger Wind ins Gesicht. Jetzt ist der Himmel am Abend sternenklar und es wird auch gleich merklich kühler.

Nach dem Abendessen haben wir noch ein wenig draußen gesessen, gequatscht und dabei den Rotwein verkostet, den Regina und Angelika vom Einkauf mitgebracht haben. In der Dunkelheit hören wir in der Nähe seltsame Geräusche, offensichtlich ist hier irgend ein Tier am Werke.

Abend über der Loire
Abend über der Loire

Dienstag

Heute bleiben wir an diesem schönen Platz bei Sonnenschein und Wind stehen. Arian tobt morgens im Zelt über uns hinweg und amüsiert sich, wie wir immer in Deckung gehen, wenn er angehopst kommt. Paula war auch wieder da und versuchte mit der Schnauze den Reisverschluss zu öffnen. Hat aber diesmal nicht geklappt.

Heute ist Badetag! Nach dem Frühstück nehmen wir alle, einer nach dem anderen ein Bad in der Loire. Danach ist faulenzen angesagt.

Mittags vertäuen sich Achim, Alex, Arian und Sascha mit der Angel in der Leihschüssel an einer Baumleiche im Fluss. Achim hat extra einen Sitzkübel mitgenommen. Klappt aber heute - trotz, oder wegen des Kübels (?) - wieder nicht, kein Biss, kein Fisch, also muss wieder eine Konserve her.

Ansonsten ist faulenzen angesagt: Angelika liest in ihrem Buch und Ines sehen wir kaum (ich weiß gar nicht wo sie die ganze Zeit über steckt). Ich habe mit meiner Frau einen Spaziergang über die Insel gemacht und danach mit Arian im Fluss gebadet. Sascha hält derweil ein Nickerchen und Achim hat sich mit den Kids einen neuen Angelplatz gesucht, immer noch auf der Jagd nach seinem Omnipotenzfisch.

Nachmittags nehme ich endlich mein Wasserwerk mit nachgeschaltetem Aktivkohlefilter in Betrieb. Alle sind gespannt und wollen wissen, ob die Sache überhaupt funktioniert. Es funktioniert sogar sehr gut, denn innerhalb von ca. 2 Stunden habe ich ungefähr 20 Liter Wasser aufbereitet. Das Wasser ist sehr klar und schmeckt frisch und gut.

Lagerfeuer & Stockbrote
Stockbrote frisch vom Lagerfeuer - Alex, Achim & Arian

Um 18 Uhr bereiten wir Abendbrot zu. Bei uns gibt es Spaghettis mit Tomatensoße und Rindfleisch. Die Kids haben inzwischen Holz fürs Lagerfeuer gesammelt und Angelika hat Brotteig für Stockbrote angesetzt. Alex nimmt einen angekokelten Stock aus dem Feuer und bemalt sich als Indianer. Zum Stockbrot essen unsere Kids noch Würstchen und für die Erwachsenen gibt’s den letzten Rotwein. Die Glut wird danach gemeinsam von Alex und Arian ausgepullert.

Na, wie seh' ich aus?Mittwoch

Ich lese in der Literatur oft vom blauen Band der Loire, was auch sicher seine Berechtigung hat, wenn sich der Himmel im Fluss widerspiegelt. Bei genauerem Hinsehen ist die Loire jedoch nicht blau, sondern von trüber, gelb-grüner Farbe.

Um 11 Uhr sind wir mit dem Frühstück, dem Packen und Beladen der Boote fertig und ziehen weiter. Wir sind kaum eine halbe Stunde gepaddelt, als Achim in einem Schwächeanfall sein Paddel verliert. Der Wind nimmt eher noch zu, in Böen erreicht er heute sicherlich seine vier Windstärken.

Gegen Mittag haben wir den Ort Pouilly-sur-Loire an der Rue National 7 erreicht und sehen in etwa 2 Kilometern Entfernung schon die Brücke. Hier legen wir kurz darauf an. Ich laufe zur Brücke und erkunde die günstigste Durchfahrt, während Achim den Müll entsorgt und Baguette sowie Getränke holt. 

Achim hat so seine liebe Not mit Alex, der den ganzen Tag nur faul im Boot liegt und sich sonnt. Dann erwischt er auch noch den falschen Weg zwischen zwei Sandbänken hindurch und muss sein Boot treideln, frei nach dem Motto: Wer sein Boot liebt, der zieht! Keine 10 Minuten später ereilt uns aber das gleiche Schicksal. Einmal passe ich nicht auf und schon sitzen wir fest, dürfen aussteigen und den Clipper ziehen.

Angelika als Steuerfrau und Ines haben den Dreh inzwischen raus. Ihr Boot läuft jetzt ganz gut geradeaus und sie kommen gut voran.

Die letzten Kilometer vor Cosne-sur-Loire liegen viele Felsen im Wasser, teilweise so dicht unter der Oberfläche, dass man sie kaum sieht. Es geht aber alles glatt und keiner läuft auf.

Supertiger im Tiefflug
"Undercover SuperTiger" mit Alex & Achim

In Cosne-sur-Loire müssen wir zum nächsten Supermarkt laufen, um unsere Lücken in der Nahrungskette zu schließen. Bis zum Supermarkt ist es aber eine ordentliche Strecke, etwa 2 Kilometer zu Fuß. Arian schwitzt und schnauft ganz schön auf dem Rückweg unter der Last der Kuchentüten. Der kleine Kerl ist hinterher richtig geschafft.

Arian: "Papa, ich kann nicht mehr. Der Kuchen ist mir schon dreimal runter gefallen!"

Papa: "Macht nichts, der wird sowieso gekaut."

Sascha und ich sind aber auch voll ausgelastet, so dass wir den kleinen Kerl nicht tragen können. Der große Hit dieses Sommers ist "Williams" Fruchtsirup in allen Farben und Geschmacksrichtungen. Arian mag ihn am liebsten in grün mit Pfefferminzgeschmack im Fläschchen und natürlich warm! Na ja, das ist eben ein Drink für ganze Kerle.

Am nächsten Campingplatz bunkern wir noch frisches Trinkwasser, dann machen wir uns auf die Suche nach einem Stellplatz. Diesmal müssen wir etwas länger suchen bis wir fündig werden. Unser Einzelkämpfer Achim fragt mich einmal, ob ich ihn totmachen will? Etwa 2 Kilometer hinter Cosne-sur-Loire, in der Nähe von Les Ardilles, klappt’s dann doch noch und wir stellen uns sonnen- und windgeschützt am Ufer in den feinen Sand (N47°25.794' E002°55.723'). Bei dem Gegenwind war das heute schon eine kleine Gewalttour. Meine Frau hält sich ganz wacker und hat keine Probleme. Sascha hat sich beim Paddeln merkwürdigerweise Blasen an den Händen geholt. Angelika und Ines packen es auch sehr gut und kommen mit ihrer Schüssel prima zurecht. Der Kahn läuft eigentlich ganz gut und das Steuern ist für sie auch kein Problem mehr. Nur Alex ist auch weiterhin stur und lässt den Einzelkämpfer ackern. Das Holzboot nimmt immer noch Wasser auf und ab und zu lenzt Achim den zusätzlichen Ballast mit dem Schwamm. Zum Abendessen gibt’s zur Belohnung Koteletts und diese leckeren dicken Schweinswürste, die wir aus dem Supermarkt mitgebracht haben.

Donnerstag

Morgens, um 10 nach 9, werde ich wach und wasche mich im Fluss. Gestern Abend hatte ich es ja schon angekündigt, dass ich heute für frische Baguette sorgen werde und so mache ich mich auf den Weg. Etwa 100 Meter von unserem Standplatz entfernt stoße ich auf eine markierte Offroad-Strecke, der ich folge. Nach etwa 1.000 Metern schlage ich mich in die Büsche und gelange über ein einsames Gehöft auf die Hauptstraße D955A. Zum Intermarche sind es aber noch weitere 1.000 Meter im strammen Marschtempo. Mit vier großen Baguette mache ich mich auf den schweißtreibenden Rückweg. Völlig nassgeschwitzt erreiche ich schließlich wieder unseren Platz.

Nach dem Frühstück mache ich mich daran ein neues Wasserloch zu graben, damit wir zumindest für den Abwasch einigermaßen sauberes Wasser haben. Danach bade und spiele ich mit Arian in der Loire. Nachmittags machen sich die anderen auf den Weg nach Cosne, nur Regina, Arian und ich bleiben bei den Zelten zurück. Wir spielen mit seinen Buddelsachen ein wenig im Sand. Die Anderen nehmen allerdings den Weg an der Loire entlang und haben dort erheblich weniger Schwierigkeiten, wie ich bei meinem Morgenspaziergang. Um 17:30 Uhr kehren wieder alle vom Stadtbummel zurück.

Sascha mit Bordhund "Paula"
Sascha mit Bordhund "Paula"

Sascha schreibt sich wieder die Finger wund. Der zweite Brief an seinen Freund Sven ist in Arbeit, obwohl er den ersten noch gar nicht auf die Reise geschickt hat. Aus dem Ort hat er sich aber endlich Briefmarken mitgebracht.

Arians Lieblingsbeschäftigung zur Zeit ist mit seinem Grunzen Paula zu ärgern. Paula saust dann jedes mal kläffend durch die Büsche und sucht das Schweinchen.

Unser Einzelkämpfer gibt den Witz des Tages zum Besten: "Warum haben Männer ein Gen mehr wie ein Schwein? ... Damit sich das Schwänzchen nicht kringelt!"

Abends verschwindet dann einer nach dem Anderen in seinem Schlafsack. Um 23:30 Uhr liege ich auch im Zelt. Arian ist noch wach und unterhält mich.

Arian: "Gute Nacht. Wie Paula habe ich mich ausgeschüttelt. Ich habe mich schlafen gelegt bei Dir. Morgen habe ich Geburtstag, eigentlich. Ich werde fünf Jahre, eigentlich. Wenn wir zu Hause sind, kommen alle zu meinem Geburtstag. Heute haben wir Sirup gekauft, dann haben wir gewartet, dann wurde es Dunkel und wir sind alle im Zelt verschwunden. Na, dann Gute Nacht bis morgen früh, Papa!"

Auf der Suche nach dem rechten Weg
Regina zieht den Clipper, Arian läuft

Freitag

Heute haben wir alle recht lange geschlafen. Zum Frühstück müssen wir leider auf frische Baguette verzichten, da Achim als letzter aus dem Zelt kommt und so spät keine Lust mehr hat nach Cosne zu laufen. Also gibt's heute altes Brot, was wir schon vor drei Tagen eingekauft haben. Ist ja gesund für die Kaumuskulatur!

Nach dem Frühstück packen wir alles in Ruhe ein und fahren weiter. Am Kernkraftwerk Belleville ist die Loire unter der Brücke der D 82 bei Neuvy-sur-Loire durch ein Wehr (N47°31.190' E002°52.639') versperrt und die Handräder an der Schleuse mit Ketten gesichert. So müssen wir die Boote mit dem Bootswagen über die Rampe schaffen, was aber kein Problem darstellt, da die Rampe betoniert ist.

Um 15:13 Uhr passieren wir die Brücke der D 926 (N47°33.022' E002°50.112') zwischen Beaulieu-sur-Loire und Bonny-sur-Loire. Seit über 10 Minuten lassen wir uns nun schon treiben und beobachten dabei die Anderen. Angelika und Ines sind heute wohl nicht gut drauf, sie kreisen pausenlos auf dem Wasser. Unter der Brücke ist eine Pfahlreihe und eine kleine Schnelle, aber alles in allem recht harmlos. Auch unser Einzelkämpfer legt eine schöpferische Pause ein. Arian schläft wieder vor Reginas Füßen und Sascha treibt neben uns her.

Eigentlich sind wir ja die ganze Zeit schon auf der Suche nach einer Bierquelle, aber die Orte liegen etwa 2 Kilometer ab vom Fluss und das ist mir entschieden zu weit für ein Bier. Da hab’ ich ja nach dem Rückweg gleich wieder Durst. Heute ist der Himmel leicht bedeckt und auch der Wind macht uns nicht mehr so sehr zu schaffen, wie in den vergangenen Tagen. So paddelt es sich recht angenehm und ermüdungsfrei. Ich habe mich derweil total entkleidet und zur Erfrischung ein Bad in der Loire genommen.

Einen Kilometer hinter der Brücke taucht am linken Ufer plötzlich ein Kanuverleih (N47°33.449' E002°49.578') auf. Daneben stehen zwei große Hallen. Wir sind neugierig und paddeln ans Ufer. Hier hat sich ein Fliegerverein mit Ultraleichtflugzeugen angesiedelt und kühle Getränke bekommen wir auch. So legen wir erst mal eine kleine Rast ein und setzten uns in ein Kuppelzelt. Paula ist derweil mit zwei Hunden beschäftigt. Wie wir uns schließlich wieder auf den Weg machen, folgt uns ein Hund durch die Loire. Der Besitzer läuft erst rufend am Ufer entlang, aber der Hund hat sich für Paula entschieden. So muss er uns 500 Meter durch die Loire hinterher rennen. Wir sind inzwischen schon gestartet, lassen uns vom Fluss mitnehmen und beobachten die Situation amüsiert. Dem Tier gefällt’s bei uns wohl besser!? Anschließend muss er seinen Hund (es ist eine Art Huski) durch den Fluss zurück tragen.

Sascha fährt durchs Wehr
Sascha im Naturwehr

In Ourson-sur-Loire legen wir kurz an, da Regina Brot kaufen will. Direkt gegenüber liegt eine Insel, wo im linken Arm der Loire ein Naturwehr aufgeschüttet ist. Sascha entscheidet sich für den starken Schwall am Naturwehr links (N47°35.223' E002°47.034') entlang, wir fahren an der Insel vorbei den rechten Arm, wo im Kanuführer kleine Schwälle angekündigt sind. Achim gerät vor uns auf die Steine, wobei er fast kentert, heraus springt und sich an seinem Boot fest klammert. Obwohl er es ja noch nicht lange hat, ist es ihm doch schon sehr ans Herz gewachsen. Alex hat großen Bammel, wie er so plötzlich über Bord muss. Auch wir springen beim ersten Aufsetzen aus dem Kahn und gehen zu Fuß weiter. Regina kann hier barfuss kaum laufen, da der Boden mit Steinen übersät ist. Es ist aber zu flach, als dass man voll beladen rüber kommt. Danach halten wir kurz an, um uns von dem Schrecken zu erholen. Sascha ist inzwischen auch wieder bei uns eingetroffen. Also, der linke Weg um die Insel herum scheint mir doch die bessere Lösung zu sein. 

Kurz nach der Hängebrücke der D 50 bei Châtillon-sur-Loire liegt am rechten Ufer der Campingplatz Municipal des Combles (N47°36.025' E002°45.611'), wo wir unsere Loire-Tour auf Ines Vorschlag hin beenden. Nach dem Ausladen und Zelt aufbauen untersuche ich den Clipper auf Schäden und muss feststellen, dass er doch eine ganze Menge abgekriegt hat. Dagegen sind die Schäden an Achims Boot nur geringfügig. Ich lasse das Boot in der Sonne trocknen, um die Schäden morgen mit Epoxidspachtel zu beheben. Achim vermisst nach dem Ausladen eine Schwimmweste, die Alex wahrscheinlich am Flugplatz vergessen hat.

Samstag

Morgens gehe ich mit Sascha duschen und Achim besorgt um 9 Uhr Baguette fürs Frühstück an der Rezeption. Um 11 Uhr brechen Achim, Arian und ich nach Briare auf. Ursprünglich wollten wir uns ja ein Taxi nehmen, da jedoch keines verfügbar ist, fährt uns der Platzwart mit seinem Auto zum Bahnhof in Briare. Hier besorgen wir zuerst die Fahrkarten und machen anschließend noch einen kleinen Stadtbummel. 

Ohne Umsteigen und ohne Fahrkartenkontrolle erreichen wir gegen 13 Uhr Nevers und holen unsere Autos vom Campingplatz ab. Für das Unterstellen müssen wir pro Tag und Auto 7 FF bezahlen. Beim Kanuverleih schauen wir auch noch kurz vorbei, um die Bootrückgabe zu vereinbaren und fahren dann auf der Rückfahrt nach Châtillon auch noch am Flugplatz vorbei, wo Alex sogar seine Schwimmweste wiederbekommt. 

Sascha hatte während unserer Abwesenheit in Châtillon eingekauft und so essen wir Kartoffeln mit Buletten. Dann laden wir die Mietschüssel auf und Achim fährt mit Angelika nach Nevers zum Kanuverleih. Ich mache mich daran mein Boot zu spachteln. Danach will ich den Kühlschrank mit der Gasflasche in Betrieb nehmen. Das klappt aber leider nicht, da der Druckminderer undicht ist. 

Es dauert eine ganze Weile, bis Achim und Angelika schließlich um 20 Uhr zurück kommen. Sie mussten noch so lange auf den Verleiher warten, um ihr Restgeld (350 FF, da die Mietdauer nur 8 und nicht 10 Tage beträgt) zurück zu bekommen. 

Anschließend fahren wir alle nach Briare zum Pont-Canal, der dieses Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert. Dieser Kanal ist der älteste ganz Frankreichs und überspannt die Loire auf einer Länge von 662,69 Metern. Der Pont-Canal ist von Gustave Eiffel ganz aus Gusseisen erbaut. 

Pont-Canal in Briare über der Loire
Pont-Canal in Briare über die Loire

Nach der Rückkehr gehen wir gegen 22 Uhr ins Restaurant an der Straße D50. Ines bleibt heute Abend lieber im Zelt. Ich will eigentlich auch nicht mit gehen, sondern lieber mal dafür sorgen, dass Arian nicht immer erst um Mitternacht im Schlafsack verschwindet, aber der kleine Kerl knetet mich so lange, bis ich butterweich bin und mit ihm ebenfalls ins Lokal gehe. Es ist mittlerweile schon zappenduster, also schnappen wir uns den nächsten Leuchtstab und Arian läuft angesichts seines Sieges über Papa zur Hochform auf. Im Lokal steht ein Kicker und sowie das Gerät frei ist, müssen Achim, Papa und Sascha sofort gegen ihn antreten. 

Sonntag

Nach dem Frühstück verpacken wir unsere Sachen und bauen die Zelte ab. Um 12 Uhr sind endlich alle unter der Dusche hervor und wir helfen Achim beim Aufladen seines Holzkahn aufs Auto.

Achim hat wohl Angst, dass er seinen "Undercover SuperTiger" unterwegs verliert, also spannt er die Gurte wie Gitarrensaiten, wobei ihm einer reißt. Wie heißt es doch so schön? ...

"Nach fest kommt ab!"


Allen Kanuten sei an dieser Stelle der komplette Führer für die Loire aus dem DKV-Auslandsführer KANU - Nordfrankreich / Benelux, Band 6, 1. Auflage 1992 empfohlen!

Unterlagen: Michelin-Karte Nr. 76, Blatt 17-7-8, Nr. 73, 69, 65, 64 und 63.

Für die untere Loire: Flussführer Vagnon Nr. 10: Guide des canaux bretons et de la Loire.

Empfehlenswerter Reiseführer: "Schlösser an der Loire" Michelin-Führer.

Bei Globetrotter gibt es einen Kanuwander-Führer über die Loire.

Hier die Adressen bzw. Telefonnummern der Campingplätze:

Camping Municipal de Châtillon-sur-Loire, 45250 Briare, Tel. 02 38 31 42 92

Camping Municipal, 41120 Cellettes, Tel. 54 70 48 41


Hier geht's zur letzten Kanutour 1994 auf der Loire von Digoin bis nach Nevers

Hier geht's zur nächsten Kanutour 2002 auf der Loire von Digoin bis nach Dezice

Die französischen Châteaux findet man im Internet unter http://www.chateaux-france.com

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